Nimm den Hut, Zwickel!

Seit einiger Zeit macht der Vorsitzende der IG-Metall, Klaus Zwickel,
in der Presse viel von sich reden. Aber weniger als Vorsitzender einer
Organisation zur Interessenvertretung von Arbeitern und Angestellten oder
gar als Anwalt der „Armen und Schwachen“, sprich der Arbeitslosen
und Sozialhilfeempfänger, als der er sich gern ausgibt, sondern als
Komplize der „oberen Zehntausend“, jener Manager des Kapitals,
die sich die Taschen offen und geheim so voll stopfen, wie es gerade nur
geht, um sich ihre Verdienste zum Erhalt des Systems vergüten zu
lassen.
Konkret ist die Rede von dem Verfahren der Düsseldorfer Staatsanwalt
gegen ehemalige Manager und Aufsichtsratsmitglieder der Mannesmann AG,
denen vor der Übernahme durch Vodafone saftige Abfindungszahlungen
und sogenannte Anerkennungsprämien genehmigt wurden – und zwar von
den Herren, die im Ausschuss für Vorstandsangelegenheiten des Aufsichtsrats
dafür zuständig waren – und dazu gehörte neben dem Vorstandssprecher
der Deutschen Bank, Josef Ackermann, auch unser „Kollege“ Klaus
Zwickel.

Die Süddeutsche Zeitung vom 24. Februar 2003 schreibt in einem Artikel
unter der Überschrift „Eine Geschichte von Geld und Gier“:
„Aus Sicht der Staatsanwaltschaft geht es um Fakten und Fiktionen,
Gier und Maßlosigkeit. Ein Prozess würde ‚mit einem Scherbengericht‘
über die ‚Führungsqualität der deutschen Wirtschaft‘
enden, haben sie im vergangenen Juli in einem internen Vermerk zu Protokoll
gegeben. Die Beschuldigten sollen zwischen dem 4. Februar 2000 und dem
5. Juli 2000 ohne Rechtsgrundlage die Zahlung von 111 514 794 Mark Prämien,
Boni und Pensionsabfindungen auf den Weg gebracht haben. 48 005 000 Mark
bekamen demnach Esser und sein Team. 63 509 794 Mark erhielten pensionierte
Vorstandsmitglieder und/oder deren Angehörige. Die Ankläger
werten das Wirken der sechs von Mannesmann als schwere Untreue beziehungsweise
Beihilfe zur schweren Untreue.“

Man muss sich das einmal vorstellen: über 111 Millionen Mark, sprich
etwa 56 Millionen Euro. Nur ein Hundertstel davon wenn ein älterer
Kollege bekäme, er würde die Arbeit an den Nagel hängen,
sich ein Häuschen oder eine Eigentumswohnung kaufen und von den Zinsen
des übrigen Geldes seinen Lebensunterhalt bestreiten. 56 Millionen
Euro, welche die Kollegen von Mannesmann in täglicher Arbeit erwirtschaften
mussten, für Leute, die sowieso schon im Überfluss leben.

Letztes Jahr musste sich Zwickel öffentlich dafür entschuldigen,
dass er als „Arbeitnehmer“vertreter im Aufsichtsrat nicht gegen
diese „Anerkennungsprämien“ gestimmt hat, sondern sich
der Stimme enthalten hat. Damals wollte er es noch als Kavaliersdelikt
hinstellen. Jetzt wurde durch die staatsanwaltlichen Ermittlungen offenbar,
dass er an Entscheidungen mitgewirkt und sie gebilligt hat, die zu Anklagen
wegen „schwerer Untreue“ und „Beihilfe zu r schweren Untreue“
geführt haben.

In der Einlassung zur Sache als Beschuldigter äußerte Zwickel
unter anderem:

„Er habe eine distanzierte Haltung zu den Anerkennungsprämien
gehabt. Dabei sei es ihm nicht um die rechtliche Zulässigkeit, sondern
um die Optik gegangen. Für deutsche Verhältnisse seien die Zahlungen
ungewöhnlich hoch gewesen.“

„Er habe seine Pflicht zur Mitwirkung an Entscheidungen der
Gremien erfüllt… Wenn Ackermann jetzt erkläre, er, Zwickel,
habe zur Prämie für Esser [dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden]
gesagt, es handle sich zwar ‚um sehr viel Geld‘ er habe aber
damit letztendlich ‚kein Problem‘, sei ihm das nicht mehr erinnerlich.“

„Mit der Prämie für Funk sei dessen erfolgreiche
Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender gewürdigt worden.“

(Alle Zitate aus „Süddeutsche Zeitung“ vom 24. Februar
2003).

Anmerkung: Funk war von 1994 bis 1999 Aufsichtsratsvorsitzender. Bei
der Übernahme der Mannesmann AG erhielt er im Nachhinein eine “Erfolgs“prämie
von sechs Millionen Mark nebst 5,3 Millionen Mark für die Abgeltung
von Pensionsansprüchen.
Das sind die Kreise und die Dimensionen, in denen sich sogenannte „Arbeitnehmer“vertreter
bewegen. Jetzt prangt Klaus Zwickels Konterfei wieder auf Aufrufen der
IGM gegen den Sozialabbau der rot-grünen Regierung. Das macht diese
Aufrufe nicht glaubhafter.
Eine Gewerkschaft, welche die Interessen der Beschäftigten ernsthaft
vertreten will, kann sich solche „Führer“ nicht leisten.
Zwickel muss gehen!

S.N.