Der
Krieg der USA und Großbritaniens gegen den Irak ist faktisch entschieden.
Ein „Sieg“ gegen den Irak, der durch den Golfkrieg I und durch
das seit zwölf Jahren andauernde Wirtschaftsembargo geschwächt
war, kommt nach drei Wochen nicht überraschend. Die militärische
Überlegenheit rührt vor allem aus dem gigantischen US-Militärhaushalt.
Dieser ist immer noch über 80 Mrd. Dollar höher, als die addierten
Rüstungshaushalte von Russland, China, Japan, Großbritanien,
Frankreich und Deutschland. Trotzdem überrascht der Kriegsverlauf,
denn ausgerechnet im Süden hatten die Alliierten mit nur geringer
Gegenwehr gerechnet. Bagdad hatten sie als schwierigsten Teil ihrer völkerrechtswidrigen
Unternehmung betrachtet.
Doch die Sache kam anders. Da wo der Einfluß des irakischen Diktators
eher gering war formierte sich zum Teil selbständiger Widerstand
gegen die Invasoren. In und um Bagdad hatten die US-Truppen relativ leichtes
Spiel, von den Eliteeinheiten, den Republikanischen Garden war kaum etwas
zu sehen, ebenso von den gefürchteten Fedayin. Die militärische
Überlegenheit der USA wäre in den Straßen von Bagdad,
im Häuserkampf, nicht mehr so spürbar gewesen. Aber es gab kaum
versteckte Panzer, Minen, Scharfschützen etc. Man bekommt den Eindruck,
daß schon wie im ersten Golfkrieg, mit diesem Krieg etwas nicht
stimmt. Denn auch da gab es teilweise kaum Gegenwehr. Die militärische
Unfähigkeit des reaktionären irakischen Regimes ist eine Sache,
der Widerstand des Volkes ein anderer.
Ein im Volk zu Recht verhasster Diktator kann den berechtigten antiimperialistischen
Kampf nicht führen – ganz im Gegensatz zu den Erfahrungen aus dem
zehn Jahre währenden Vietnamkrieg, dessen Niederlage die USA zudem
mit über 58.000 gefallenen Soldaten bezahlen mussten. Offensichtlich
war kaum ein Iraker bereit für Saddam Hussein zu kämpfen, doch
nun ist die Situation eine andere. Das durch Bombenhagel zweier Kriege
und Sanktionen geschundene irakische Volk, hat nicht vergessen wem es
das jahrelange Elend zu verdanken hat. Froh über das Ende von Saddam
Hussein und der faschistoiden Baathpartei will das irakische Volk nun
nicht unter US Protektorat leben. Es wird der Widerstand wachsen, so wie
es sich im Irak und sogar in den Nachbarstaaten schon zeigt. Der Sieg
der Bush-Blair Koalition steht daher auf tönernen Füßen.
Völlig ungelöst ist auch die Situation der Kurden im Nordirak,
wie der Schiiten im Süden. Die Türkei droht trotz ihrer US-Abhängigkeit
mit Krieg gegen die Kurden, deren Peshmerga-Truppen von den USA zu Hilfstruppen
degradiert wurden. Freiheit und Selbstbestimmungsrecht für das kurdische
Volk wird es mit den USA nicht geben. Sie haben von vorne herein erklärt,
dass die Kurden nicht selbständig über ihr Schicksal bestimmen
dürfen. Die USA sind ihrem Ziel, der Beherrschung der auch strategisch
bedeutenden Ölregion, zunächst einen Schritt näher gekommen.
Um das Öl verkaufen zu können, fordern sie jetzt ein Ende der
Sanktionen, die bis zu eineinhalb Millionen Iraker, vor allem Kinder,
das Leben gekostet haben. Denn jetzt unterstehen die Ölreichtümer
dem Zugriff des US-Imperialismus. Und wie schon im Vorfeld des Golfkriegs
verschärfen sich die Widersprüche der Imperialisten untereinander,
sobald das Fell des nun erlegten Bären verteilt werden soll. Frankreich,
Russland und Deutschland hatten ja nicht hauptsächlich aus friedlichen
Beweggründen gegen den US-Krieg votiert, sondern in berechtigter
Sorge ihr Einfluß würde sinken. Gerade die bestehenden französischen
und russischen Verträge über die Ausbeutung der meisten Ölquellen
im Irak könnten nach einem US-Sieg hinfällig werden. Und genau
das scheint nun einzutreten, weshalb jetzt wieder die UNO gefordert wird,
wenn es um den sogenannten Wiederaufbau des Iraks geht.
Die
USA können aber kein irakisches Öl verkaufen, solange die UNO
Sanktionen formal in Kraft sind. Nachdem durchsickerte, daß lukrative
Aufträge nur an US-Firmen vergeben werden sollen, stellte sich selbst
der Kriegsverbündte Großbritanien auf die Seite derer, die
die Zukunft des Iraks der UNO übertragen wollen. Ob alleinige US-Herrschaft
oder gemeinschaftliche Ausplünderung über die UNO, das irakische
Volk hat in jedem Fall Grund, Widerstand gegen die Besatzer zu leisten.
Auch die begeisternde Friedensbewegung der letzten Wochen steht vor
einer noch größeren Herausforderung. Nicht nur, daß der
antiimperialistsche Kampf der Völker des Iraks wohl erst am Anfang
steht, so steht womöglich ein weiter Angriffskrieg der USA im Plan
der NEW WAR Strategie. Offen sind die Drohungen gegenüber Syrien
und bekannt die vorgeschobenen Gründe, von Chemiewaffenproduktion
bis zu terroristischer Unterstützung.
Es war und ist eine besondere Stärke bedeutender Teile der Friedensbewegung,
nicht nur zu Recht die US-Aggression gegen den Irak zu verurteilen, sondern
auch die Doppelmoral der eigenen deutschen Regierung zu entlarven. Trotz
des medienwirksamen „Nein“ der SPD/Grünen Regierung,
das ja auch den Willen einer deutlichen Bevölkerungsmehrheit wiederspiegelt,
durften die USA Deutschland als Nachschubbasis nutzen, was nebenbei ein
klarer Verfassungsbruch ist. Mit Forderungen nach einem Entzug der Überflugrechte
oder dem Abzug deutscher Soldaten aus den AWACS Überwachungsflugzeugen
und dem Abzug der Fuchs-Spürpanzer wurde der eigene Imperialismus
ins Visier genommen. Es gelang der Regierung nicht die Friedensbewegung
für sich einzunehmen.
Viele der Kundgebungen und Demonstrationen richten sich auch gegen den
Hauptkriegstreiber USA und seine Einrichtungen. So wurde z.B. am 29.03.
in Stuttgart-Vaihingen von über 10.000 Menschen das EUCOM, die Europa-Zentrale
der US-Armee blockiert. Bei Frankfurt wurde die Rhein-Main-Airbase von
Demonstranten belagert.
Kennzeichen dieser Anti-Kriegs-Bewegung ist die aktive Beteiligung der
Jugend an den Aktionen. Die allerersten Demonstrationen, die zu Kriegsbeginn
spontan stattfanden, waren Schülerdemonstrationen. Tausende Schüler
streikten und verließen – trotz Verbot – sogar den Unterricht, um
auf die Straße zu gehen.Auf den Demonstrationen wurde immer wieder
gefordert, größere Proteststreiks durchzuführen. So rief
der DGB zusammen mit den Einzelgewerkschaften IG BAU, Transnet, GdP, GEW,
NGG, BCE, IG Metall und ver.di zu einer zehn-minütigen Arbeitsniederlegung
auf. In den Gewerkschaften hat dies zu einer Diskussion geführt,
ob die Gewerkschaften nicht mehr tun müssten.
So forderte nach Kriegsbeginn am 20. März in Stuttgart eine Schülerin
bei einer Kundgebung: „Nachdem wir Schüler gestreikt haben,
sind nun die Betriebe dran.“ Viele aktive Gewerkschafter sehen das
auch so. Die nächsten Aktionen sollten bewusst die Kollegen ansprechen
und sie an ihre Bedeutung und ihre Macht im Kampf erinnern. Konzentrieren
wir uns auf Aktionen gegen die Kriegsmächte und ihre Stützpunkte
in unserem Land. Protestieren wir gegen jede aktive und passive Kriegsbeteiligung
der Bundesregierung.